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Aus dem Leben unserer Adoptanten: Unser Leben mit einem Dreibeinchen

„Kannst du mir den Hund mal beschreiben – nur damit wir es wissen, falls sie davonläuft, solange sie noch nicht registriert ist.“ sagt die Gemeindemitarbeiterin. Ich so: „Also sie ist mittelgroß, wie ein Labrador circa, hat ein beiges Fell, ist ganz leicht schwarz gestromt und hat ein schwarzes Gesicht.“

Kurz darauf beenden wir das Gespräch und irgendwann fällt mir ein … ach ja, sie hat ja auch nur drei Beine …

Als wir nach zwei Jahren im Ausland wieder nach Österreich zogen, war eins klar: ENDLICH kommt ein Hund ins Haus. Gedanken hatten wir uns natürlich schon gemacht, am besten einen Hovawart vom Züchter, lieber einen Welpen, damit er noch keine schlechten Erfahrungen gemacht hat, und bitte einen Rüden.

Darf ich vorstellen? Lucy! Bosnischer Straßenhund, ein Jahr alt, rassetechnische Wundertüte. Wurde als Welpe angefahren und schlussendlich musste ihr das rechte Hinterbein abgenommen werden.

„Das tut ihr euch an?“ oder „Echt?“ oder „Das ist aber keine gute Idee …“ das waren die Reaktionen, als wir von Lucy erzählten – und auch wir waren sehr skeptisch. Ein Hund mit nur drei Beinen, sind wir dem gewachsen? Was bedeutet denn das überhaupt? Nun ja, wir befragten die Pflegefamilie eingehend zu dem Thema und riefen unsere Tierärztin an, um deren Meinung zu hören. Dass der Hund wohl durch die Fehlbelastung Arthrose bekommen wird, ist ziemlich sicher, aber auf der anderen Seite bekommen die heutzutage eh die meisten Hunde. Wir entschlossen uns also, Lucy kennenzulernen, und haben uns selbstverständlich sofort in sie verliebt (ich meine ehrlich, seht sie euch an). Bei unserem Besuch haben wir Lucys Wesen, ihre Macken und ihre Krankengeschichte besprochen, und die ganze Zeit über ist die kleine Maus mit ihren Hundefreunden durch den Garten getobt. Sie stand den anderen in nichts nach.

Kurz darauf durfte sie bei uns einziehen und unser gemeinsames Abenteuer begann.

Klar, am Anfang ist man vorsichtig. Man weiß noch nicht, was man dem Hund zutrauen kann. Wie viel Kondition hat sie? Schafft sie diesen steilen Weg? Oje, ob sie sich über diese hohe Stufe traut? Kommt sie denn überhaupt die Stiege rauf zu unserem Wohnzimmer? Weiter geht‘s mit: Warte mal, humpelt sie? War der Spaziergang doch zu lang? Die Wanderung wäre klasse, aber ist die Passage übers Geröll nicht zu viel für den Hund?

Tja, Lucy hat uns ganz schnell gezeigt: Alles egal! Die Stiege war beim ersten Mal Thema, dann nie wieder. Wir mussten sogar ein Kindergitter montieren, damit sie nicht zu oft auf- und abläuft, weil das natürlich nicht so toll für ihren Bewegungsapparat ist.

Heute geht sie mit uns regelmäßig Wandern, 2-3 Stunden sind überhaupt kein Problem, und wenn sie doch mal müde wird, macht man eben 10 Minuten Pause. Letztens musste sie auch über einen sehr engen und steilen Steig, weil der Forstweg das letzte Stück gesperrt war, und hat das super gemeistert. Einer unserer Lieblingswege führt durch ein schmales Tal, teilweise in einem mit Ästen, Stämmen, Kies und Geröll gefüllten Bachbett – und Lucy hat die größte Freude daran, diese Hindernisse zu überwinden. Klar, sie springt nicht so hoch oder weit wie ein Hund mit vier Beinen, aber davon lässt sie sich nicht abhalten (und immerhin müssen wir uns keine Sorgen machen, dass sie Leute anspringt). Und wenn sie doch mal das Gefühl hat, dass sie irgendwo nicht drüber kommt, sucht sie sich einfach einen Weg rundherum.

Ohne dass wir es überhaupt mitbekommen haben, hat Lucy Stück für Stück all unsere Vorurteile abgebaut. Sie ist ein lebensfroher Hund, der auch mit einem Bein weniger seinen Artgenossen in nichts nachsteht. Mutig überwindet sie Hindernisse, rutscht vielleicht öfter mal aus, als es ein Vierbeiner tun würde, aber was macht das schon? Sie will laufen, sie will spielen, sie will Abenteuer erleben und die Welt entdecken. So einen Hund kann man nicht aus Angst vor der Zukunft Zuhause einsperren – besser sie hat vielleicht ein bisschen weniger Zeit auf der Welt, und genießt diese dafür in vollen Zügen, als wenn sie ihr Leben auf den gleichen fünf schonenden Spaziergängen fristen müsste.

Unser derzeitiges Projekt? Der Maus das Joggen an lockerer Leine beizubringen, damit Manuel sie da mitnehmen kann – laut Tierärztin wäre das für sie (nach dem richtigen Muskelaufbautraining) die ideale Auslastung, da es eine kontinuierliche, flüssige Bewegung ohne ruckartige Belastung für den Bewegungsapparat ist. Das einzige Problem dabei? Lucy will nicht joggen, sie will LAUFEN!